Kamerunische Hochzeiten

22Okt2017

Ganz spontan und kurzfristig, wie das hier eben so ist, lud uns MaDe am Donnerstag auf die Hochzeit ihres Neffen ein. Und wer sagt da schon Nein.

“Schnell, wir essen nur Salat und wieder richtig, wenn wir heimkommen. Das wird nicht so lang dauern.“ Letztendlich lief es dann so ab, dass wir bis zum Beginn der Veranstaltung am Freitagabend noch ewig warten mussten und uns umsonst so gehetzt hatten und dass nachts um drei Uhr das Bedürfnis nach Schlaf größer ist, als das nach Essen.

Aber, wenn man schon einmal vor Ort ist, bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als zu warten. Immerhin sind wir des Nachtens im Dunkeln umhergeirrt, bis wir die richtige Abzweigung gefunden hatten. Angekommen, so gegen 19Uhr, wurden uns Sitzplätze zugewiesen und wir warteten auf den Plastikstühlen, bis es hieß, wir müssen noch ein Haus weiter. Dort warteten wir wieder, bis alle Stühle aufs Neue aufgestellt und besetzt wurden und dann ging es endlich los.

 

Der Vorabend

Dieser Abend gehört zur kamerunischen Tradition, die beiden Familien der Ehepartner geben ihr Einverständnis und gemeinsam wird darauf mit “vin blanc“ (leicht gegärte Milch aus Bambusstämmen) und Kolanüssen (die sind extrem bitter) angestoßen. Bis es dazu kam, ist allerdings noch ein weiter Weg.

Vorerst wurden dem zukünftigen Mann und seiner Familie verschiedene Frauen nacheinander verschleiert vorgeführt, aus denen die Richtige ausgewählt werden soll, um zu beweisen, dass man sich sehr gut kennt. Dabei wird auch immer Geld für jede “Falsche“ gegeben, denn erst wenn die Mitgift passt, kommt die richtige Frau an die Reihe. Das hat natürlich eher einen symbolischen Wert, aber dass Habgut und Geld nicht zu vergessen sind, haben wir später deutlich zu spüren bekommen.
Das Schauspiel war lustig anzusehen, die Ideen, warum man noch eine kleine finanzielle Unterstützung braucht, gingen nicht aus. Schade nur, dass alles in der Ortssprache Baham gehalten wurde, von der ich leider nur drei Wörter verstehe. Trotzdem war offensichtlich, dass die letzte Frau (also auch die zukünftige Ehepartnerin) in einem “Auto“ (den Geräuschen nach zu urteilen) kommen sollte, das allerdings sehr viele Probleme hatte. Mal wurde es von der Polizei aufgehalten und man musste bezahlen, dann war ein Rad kaputt und erst nach vielen Anläufen wurde es dann wirklich bis in den Ruam geschafft und die Frau für die Richtige erklärt. Begleitet wurde das alles von Gesang und Klatschen, Jubeln und Kreischen.

Nun war es an der Familie des Mannes, verschiedene Männer vorzuführen, diesmal aber nicht verschleiert und wesentlich weniger aufwändig, es wurde auch kein Geld getauscht. Als sich die zwei endlich gefunden hatten, wurde gejubelt, getanzt und gesungen.

Anschließend hieß es dann aber wieder warten! Es gab wohl einige Unstimmigkeiten zwischen den beiden Familien (Familie heißt übrigens, Mama, Papa, Oma, Opa, Onkel, Tanten usw.) und es dauerte eine ganze Weile, bis sich diese einigen konnten. Anscheinend hatte der Vater der Braut mehr eingefordert, als die Familie des Mannes geben konnte und nicht locker gelassen, bis seine Frau ihn zurechtwies und die Hochzeit also doch stattfinden konnte. Das war unglaublicher Stress für den Bräutigam und seine Zukünftige und der war ihnen auch deutlich anzusehen. Schade, dass durch die Habgier und Sturheit eines Einzigen alles hätte platzen können und die Stimmung so gedrückt wurde. Während dieser Zeit saßen wir wartend und hungrig im Raum, immerhin war es schon 23Uhr.

Letztendlich fand alles ein gutes Ende und gemeinsam wurde nun angestoßen. Dabei schreibt es die Tradition vor, dass die Frau die Kolanüsse aufbricht und ihrem Mann gibt und sie sich gegenseitig vin blanc zu trinken geben. Anschließend wurde noch gemeinsam Tarot gegessen (eine Art Teig mit der Konsistenz von Kartoffelbrei mit gelber Soße) und das Publikum besang die Beiden. Dann lud die Familie der Frau zum großen Essen ein, dass es endlich um halb zwei nachts gab. Es gab so gut wie alles und wir probierten alles mögliche, auch wenn sehr gut gewürzt scharf war. Neben Reis mit Erdnusssoße gab es auch Ngdolé, Légumes, tausende Kartoffelsorten, Plantains, Batons de Maniok, Huhn, Fisch, Sojaspieße und Tarot.

Als wir dann um drei Uhr morgens zuhause ankamen, durften wir mit Freude feststellen, dass das Programm erst Mittags weitergehen würde. Deshalb schliefen wir einigermaßen aus und hätten uns wirklich keine Gedanken machen müssen, da wir dann eh nicht zur Mairie mitgekommen sind, sondern die Anderen erst vor der Kirche in Bafoussam wieder aufsuchten. Und erneut hieß es warten. Warten, bis das Hochzeitspaar kommt, bis es wieder fährt und sich umgezogen hat, um wiederzukommen. Warten, bis uns jemand überhaupt sagen kann, warum wir warten. (Ja, ich habe mich sehr in Geduld geübt.) Und schließlich begann der Gottesdienst zu dem Zeitpunkt, an dem es eigentlich mit dem nächsten Programmpunkt weitergehen hätte sollen.


Gottesdienst und letzte Festlichkeiten

Feierlich trat die Familie der Frau - alle trugen als Erkennungszeichen denselben Stoff - singend und mit Rasseln, Trommeln und anderen Instrumenten in die Kirche ein. Wieder ein großer Raum mit hohem Dachgebälk, einem Holzkreuz, dass an der Wand hing und Tafeln, die Psalme und sonstige Bibelstellen zitierten. Dann wurden nacheinander der Bräutigam und die Braut hereingerufen, begleitet von einem kleinen Chor und demselben blechernen Mikrofonton. Es wurde viel gepredigt und gesungen. Leider verstand ich nicht wirklich viel, und wie mir der Franzose (Florian;)) im Nachhinein erklärte, war das ziemlich unmöglich gewesen, weil alles in Metaphern und Sprichwörtern stand. Jedenfalls redete man über Monogamie und Polygamie, über warme Betten und das Alleinsein und die Stimmung war ausgelassen. Begleitet von Trillerpfeife, Schlagzeug, Jodeln und Rufen wurde schließlich die Braut geküsst.

Danach gab es eine Tradition, bei der alle zur Musik tanzend vorne am Brautpaar vorbeilaufen und ein bisschen Geld geben. Während wir uns bei der ersten Runde noch zurückziehen konnten, blieb uns bei der zweiten Runde nichts anderes mehr übrig, als mit im Entenmarsch nach vorne zu tanzen (die Bewegungen sind ungefähr so: man bückt sich leicht nach vorne, geht ein bisschen in die Knie und läuft im Takt, während man die Arme angewinkelt, ebenfalls im Takt, nach hinten schiebt und wieder vor den Körper bringt). Der Fotograf war außer sich vor Freude, uns so ablichten zu können und letztendlich hatten wir auch unseren Spaß. So gingen zwei Stunden mehr oder weniger schnell herum und zum Fototermin wurde einfach ein geeigneter Platz vor der Kirche gesucht.

Dann würden alle heimgehen und in ihre Abendkleider wechseln. Das blieb mir aus zweierlei Gründen verschlossen: Der Weg von Baham nach Bafoussam ist zu weit, um ihn für so eine kurze Zeit zurückzulegen und außerdem hatte ich beim Koffer packen nicht daran gedacht, etwas Festliches mitzunehmen. Was aber nicht schlimm war, selbst in Hose und Bluse wurden wir hereingelassen. Vor dem riesigen Festessen voller Köstlichkeiten, von denen ich leider viel zu wenig probiert hatte, wurde ein Einzug mit den Brautjungfern gefeiert, die frisch Verheirateten baten um ihren Tanz und allerlei Danksagungen fanden statt. Jedoch war das Programm sehr kurzweilig und nach dem Essen wurden nur noch die Geschenke tanzend an das Brautpaar weitergegeben.

Letztendlich fand sogar ich mich tanzend auf der Fläche in der Mitte und wir hatten eine Menge Spaß, auch wenn die eintönige Musik einem manchmal etwas auf die Nerven gehen kann. Und so war ich schon fast froh, als um 23 Uhr der DJ die Musik abstellte, das Fest vorüber war und wir heimfuhren. Ich habe zwar wirklich zwei schöne Tage auf der Hochzeit verbracht und bin dankbar für die Erfahrung, doch das ständige Warten lässt einen sehr schnell müde werden und selbst die Kameruner haben sich darüber beschwert.