Berichte von 12/2017

Yaoundé - Hauptstadt Kameruns

31Dez2017

Eine Woche Tourismus? Von wegen, man muss hier eher nach touristischen Orten und Aktionen suchen und sollte sich lieber auf das gemütliche Treiben der Stadt einlassen. Die ersten Tage verbrachten wir bei Freunden von MaDe, die uns auch mit auf die Hochzeit begleitet hatten im Quartier Ngousso. Die Hauptstraße stark befahren, mindestens dreispurig mit Fußgängern und Motos überall, wie das Verkehrschaos in Kameruns Großstädten halt ist. Da, wo der Asphalt auf beiden Seiten der Straße aufhört, ist der imaginäre Fußweg, bei dem man alle paar Meter auf kleine Straßenstände trifft oder Motos einen anhupen, damit man gerade noch zur Seite springen kann. Von überall der Geruch von Essen und Anderem, Menschen und Händler, die durcheinander rufen und natürlich auch laute Musik aus überdimensionalen Lautsprechern und meistens läuft “je bois plus oooh“, mein schlimmster Ohrwurm (Hörs dir gerne selbst an: Revolution - Je bois plus). Ich glaube, das kommt jetzt nicht so positiv rüber, wie es sich anfühlen kann. Klar wird es irgendwann anstrengend, aber in der ganzen Menge liegt auch ewig viel Energie, die ansteckend sein kann. 

Abgesehen von der Hauptstraße war das Viertel echt ruhig, die Aussicht auf die Häuser am Hügel gegenüber mit einigen Palmen und sonstigen Pflanzen ziemlich schön und es hat uns an nichts gefehlt. A propos Gastfreundschaft, die Hausherrin war eher enttäuscht, als sie hörte, dass wir, die “Jugend“ (Flo, ein kamerunischer Freund und ich) noch in Yaoundé bleiben, aber nicht mehr bei ihr verweilen. Deshalb besuchten wir sie im Laufe der Woche noch einmal in ihrer Boutique, um uns zu bedanken und wurden natürlich noch für den selben Abend eingeladen. Auf eine nächste Hochzeit. Das wäre dann die dritte, während ich in Deutschland in 18 Jahren keine einzige erlebt hatte. Jedenfalls ist das ein Pflichtprogramm.

Wir sind in Yaoundé umgezogen, weil Flo durch die Organisation "France Volontaire" die Möglichkeit hat, ein Appartement umsonst zu bekommen. Da sind wir dann auch die letzten fünf Tage geblieben, mit fast immer fließend Wasser und das auch noch warm. Dieser Luxus tat zur Abwechslung mal ganz gut. Allgemein scheint das Quartier Bastos eher eines der Gehobeneren zu sein. Ebenso ruhig, wenn nicht gerade ein Auto mit möglichst laut aufgedrehter Musik vorbeifährt und nicht allzu weit entfernt von interessanten Orten. Eines Abends besuchten wir noch das Rathaus und den Place de la Liberté, am anderen Abend waren wir im Quartier Briquetterie Essen. Kossam! Das ist schon wieder diese Art cremiger Yoghurt, leicht gesüßt und für mich himmlisch, weil Milchspeisen hier so gar nicht gängig sind.

Außerdem waren wir noch mit Freunden im Zoo, was bis auf den Einlass wirklich schön war. Beim Ticketpreis wird unterschieden zwischen Einheimischen (Stadtbewohner), Kamerunern und Ausländern. Wir zahlen viermal so viel wie ein Kameruner und dann wollten sie für uns auch noch eine Fotogebühr extra verlangen. Nach langem Handeln durften wir unsere Handys behalten und machten die kleine Tour. Löwen, Affen, Vögel, Krokodile und Schlangen, Schildkröten und einige andere Tiere konnten wir sehen und das relativ nah, soweit natürlich möglich.

Wir haben auch noch hier und da Bekannte besucht (zum Beispiel das Ehepaar der allerersten Hochzeit in Bafoussam, es war echt schön, zu sehen, wie sie sich Schritt für Schritt ihr eigenes Leben in der Großstadt aufbauen) und dies und jenes gemacht, aber das alles hier aufzuzählen, würde vermutlich für beide Seiten nicht interessant sein. Vielmehr kann ich als Fazit sagen, dass Yaoundé riesig ist und um sich irgendwie orientieren zu können, ist man auf die Hilfe von Kamerunern angewiesen. Und Tankstellennamen. Ob es jetzt Total Ngousso oder Total Nlongkack ist, Carrefour Biyem Assi oder Casino Bastos, ohne Taxis und solche Anhaltspunkte findet man jedenfalls nicht mehr heim.

So verging die erste Woche meiner Ferien irgendwie wie im Flug. Inzwischen sind wir wieder in Baham angekommen und Silvester werde ich alleine bei DG und MaDe verbringen. Ich wünsche euch an dieser Stelle allen einen guten Rutsch ins Neue Jahr 2018 und eine fröhliche Feierei.

Ferien !

25Dez2017

Wie schon erwähnt sind wir freitags mit DG und MaDe nach Yaoundé gefahren. Willkommen in der Hauptstadt Kameruns. Mein erster Eindruck war heiß und Stau. Es hat hier meistens 30°C und mehr und auf manchen Strecken sind Staus unvermeidlich bei der enormen Anzahl an Taxis, die mit Motos und Kleinbussen um die Straße kämpfen. Trotzdem war es irgendwie angenehm, mal aus Baham herauszukommen und etwas anderes zu sehen, zum Beispiel Häuser mit mehreren Stockwerken oder Weihnachtsbeleuchtung.


Nach mehreren Kurzbesuchen bei Bekannten, ehemaligen Pensionären vom Centre kamen wir dann bei einer Freundin von MaDe an, wo wir die nächsten Tage schliefen. Mein Zimmer lag im unfertigen Neubau, außer einer Matratze gab es nichts, aber alleine schon ein eigenes Zimmer zu haben, ist Luxus.


Der wirkliche Grund für die anderen, nach Yaoundé zu kommen, war aber die Hochzeit am 23. Dezember. Angefangen mit der Kirche um neun (es wurde letztendlich elf) Uhr und ebenso verspätetem Mittagessen so gegen 15 Uhr ging der Tag mit viel Warterei trotzdem relativ schnell herum. Dann wurde sich noch einmal ausgeruht und um 22 Uhr ging es zum Tanzabend, dem zweiten Teil der Veranstaltung. Davor wurde natürlich noch einmal groß gegessen: Reis, Plantains (frittierte Kochbananen), alles mögliche an Fisch und Fleisch, Salate und Fruchtspieße zur Nachspeise. Letztendlich gingen wir so gegen 5 Uhr morgens heim und wir waren definitiv nicht die Letzten. Es war ein ziemlich gelungenes Fest und der Saal sowie die Leute große Klasse.

Der Tag danach war dann eher anstrengend;). Weihnachten in Deutschland, hier kaum ein Funken Weihnachtsstimmung vorhanden, außer der Beleuchtung an den Straßenlaternen. Trotzdem konnten wir uns beschäftigen, wir gingen zur Hauptstraße und schauten ein bisschen dem Treiben zu. Abends gingen wir zum Essen, was ehrlich gesagt einem guten deutschen Bistro ziemlich ähnlich kam (zumindest abgesehen vom Essensangebot). Das erste Mal nach fast vier Monaten wieder eine Art Joghurt. Der wird hier Kossam genannt und schmeckt wie gesüßter Naturjoghurt. Danach machten wir einen kurzen Abstecher in die Kirche und waren dann auch schon müde genug, ins Bett zu gehen (der Tag davor war ja etwas länger).

Ich möchte euch auf diesem Weg meine allerbesten Weihnachtsgrüße ausrichten, hoffe, dass es euch allen gut geht und wünsch euch noch schöne Feiertage. Alles Liebe!

Endspurt mit Hindernissen

22Dez2017

Während ich letztens noch eher eine schlafende Routine feststellte, hielt mich diese letzte Woche vor den Ferien ganz schön auf Trab. Jeden Tag ein neues Event, ein verlorenes Kind und und und ..ich sollte lieber von vorne anfangen:

Schon Freitag vorletzter Woche wurde nach der üblichen Evaluation ein Sondertreffen der Verantwortlichen einberufen. Es handelte sich um zwei ältere Damen, die mit einer Jugendlichen in den Saal kamen. Es handelte sich um ein “enfant perdu“ (verlorenes Kind). Ob das Mädchen nun weggelaufen war, sich verirrt hatte oder wie auch immer, das Sozialamt kam mit der Bitte auf uns zu, sie über das Wochenende im Centre zu beherbergen, bis am Montag eine Lösung gefunden werden kann und die Aufrufe in Radio und sozialen Netzwerken gehört werden. Und so wurde die Centre-Familie für einige Tage größer, denn auch Montag und Dienstag keine Neuigkeiten vom Sozialdienst und Anrufe kamen nicht durch. Mittwoch früh dann kam der Sozialdienst mit ihren Eltern und ohne große Worte war sie wieder verschwunden.

Wir durften auch zum ersten Mal erleben, wie die Leute vom Centre erfahren. Denn auch, wenn im direkten Umfeld jeder den Namen kennt, gestaltet sich das in den Dorfvierteln außen herum doch anders. Zur Sensibilisierung sind wir nach Bandjoun gefahren und haben zwei Jugendliche in ihren Familien besucht. Ein Junge und ein Mädchen, beide 17 Jahre, hatten noch nie die Schule besucht, weil die Eltern ihr Handicap als zu großes Hindernis sahen. Trotzdem wussten sich beide zu helfen und zu beschäftigen, er arbeitet mit Bambus und richtet Schuhe und sie ist für ihre Geschwister und das Essen zuständig. Trotzdem bietet das Centre natürlich eine große Möglichkeit, sich zu bilden, zumindest die Basis des Schreibens und Zählens zu kennen und eine professionelle Schreinerausbildung. Die Entscheidung liegt jedoch immer bei den Betroffenen und ihren Familien und vielleicht sind ab Januar einige Neuankömmlinge im Centre (vorausgesetzt der Platz reicht aus).

Außerdem waren für Mittwoch und Donnerstag mal wieder zwei kleine Feste geplant, zum Einen, um Spenden zu empfangen und zum Anderen, weil Weihnachten vor der Tür steht. Wieder wurde also der große Saal auf Hochglanz gebracht, alles aufgeräumt und geputzt. Dienstagnachmittag kamen dann Vertreter der Organisation "Filles de Baham" vorbei und brachten allerhand Spenden mit. Neben 5kg-Packungen Spaghetti und Reis, Öl, Salz und Seife war für die Kinder das Highlight Kekse und Saft. Symbolisch wurden diese gemeinsam gegessen, es wurden kurze Reden geschwungen und die Kinder sangen wieder fröhlich munter. Am Ende gab es ein großes Familienfoto und DG führte sie noch einmal durch die ganze Einrichtung. Damit war dann zwar das Fest zu Ende, aber der Tag noch lange nicht.

Alle acht Tage ist Markttag in Baham, so wie an diesem Dienstag und Flo (der französische Freiwillige) hat sich ein kleines Radio erhandelt, was uns die nächsten Abende begleitet hat. Die Musik laut genug, dass die Kinder das neue Ding sofort entdeckt haben und so tanzten wir die letzten Tage durch die Abende.

Das Fest für Donnerstag wurde jedoch eine Enttäuschung. Aufgrund von zu weiten Entfernungen und zu straffem Programm kam die angekündigte Dame doch nicht vorbei. Sie ist bei den Kindern bekannt und beliebt, weil sie ebenso Spenden ins Centre bringt (natürlich immer auch mit Keksen und Lollis;)). Trotzdem hatten wir vormittags im Saal Luftballons aufgehängt und mit den Kindern herumgealbert (es gingen nur noch die in die Schule, die noch Tests schreiben mussten). Anstatt dem Fest gab es dann halt einen normale Réunion, es wurden die letzten Worte und Pläne ausgetauscht, da DG freitags mit uns nach Yaoundé fährt. Zum Glück hatten Flo und ich am Abend vorher bis Mitternacht noch einige Kuchen gebacken und somit konnten wir den Kindern eine kleine Freude machen und uns für die erste Etappe des Freiwilligendienstes bedanken.

Journée Internationale des Personnes Handicapées - Festtag im Centre

09Dez2017

Das Fest des dritten Dezembers. Seit der Ankündigung von DG, dass wir diesen Tag feiern werden, warteten die Kinder sehnsüchtig darauf und schwärmten schon vom Essen. Denn eins habe ich inzwischen gelernt: die erste Priorität ist dein Essen. Und das scheint irgendwie sehr stark in der Mentalität verankert zu sein, denn egal ob groß oder klein oder welche Tageszeit, beim Verabschieden verspricht man sich „la prochaine fois, je te fais garde.“ (Das nächste Mal bring ich dir was mit./ bekommst du was von mir.) und wenn man gerade irgendwo ankommt, ist die Frage „tu m’as gardé quoi?“ (Was hast du mir mitgebracht?) ziemlich normal. Und immer geht’s um Kekse oder Lollis, um Guaven oder Bananenchips, hauptsache Essen! Wenn ich morgens mit den Kindern den Unterricht anfange, fragt Lynda erst einmal: „Aujourd’hui on prépare quoi?“ (Was gibt’s heute Mittag?) oder „le pain est venu aujourd’hui?“ (Kam heute morgen das Brot?; kurze Erklärung: seit einigen Wochen gibt es Dienstag und Donnerstag andere Kleinigkeiten als das übliche Baguette für das Frühstück um zehn Uhr, da die finanziellem Mittel sich so besser einteilen lassen.)

Um aber wieder zum eigentlichen Thema zurückzukehren: Es wurde geprobt, Wochen vorher bestimmte Lieder eingeübt und ein Sketch geschrieben, Tänze aufgestellt und so weiter. Der Sous-Préfet (so etwas wie der Stadtrat oder sein Vertreter) sollte vorbeikommen und sich das Centre ansehen und ebenso die Delegierten der Umgebung und sonstige Persönlichkeiten waren eingeladen. Auch einige Freunde und Eltern hatten vor, zu kommen, doch letztendlich blieben wir ziemlich unter uns.

Am Freitag vorher legten sich die Kinder richtig ins Zeug, um alles auf Hochglanz zu bringen. Überall wurde gefegt, die Betten besonders ordentlich gemacht und der große Saal nicht mehr benutzt. Gewischt und dekoriert wurde am Festtag selbst, die Kinder und Pensionäre trugen das offizielle Centre-T-Shirt in grün mit dem Aufdruck AHP²V und alle warteten sehnsüchtig auf die Ankunft des Sous-Préfet. Und warteten und warteten. Ganze zwei Stunden später und mit knurrendem Magen konnte dann zumindest sein erster Vertreter empfangen werden.

Eine Rede nach der anderen wurde geschwungen und nur ein Teil des Programms, welches die Kinder vorbereitet hatten, konnte aufgeführt werden. Das Ganze kam mir eher anonym vor, abgesehen von einigen wenigen Besuchern und nur einem Abgeordneten hatte das Centre kaum Aufmerksamkeit gefunden. Trotzdem waren die Kinder glücklich, es gab Reis mit Tomatensoße und auch zwei Tage später wurde noch vom Essen geredet.

Während wir Freiwillige mit den Verantwortlichen des Centre vom anwesenden Abgeordneten eingeladen wurden. Irgendwie absurd auf einem Fest, dass den Bewohnern des Centre galt. Es wurde auch generell bemängelt, dass dem Fest kaum Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Kaum einer der Delegierten war da, nicht einmal die Nachbarn wussten, dass ein Fest stattfinden soll. Auch, wenn es den Kindern trotzdem gefallen hat, hätte dieser Tag eine größere Bedeutung verdient gehabt.