Drei Kinder und eine Beerdigung

30Sept2017

Schon wieder ist eine ganze Woche rum. Letztes Wochenende scheint mir schon wieder ewig entfernt und es kommt mir allgemein so vor, als lägen meine letzten Wochen in Deutschland noch länger zurück, als sie es wirklich sind. Dabei ist mir an manchen Nachmittagen fast langweilig, wenn ich mit den anderen draußen auf der Bank sitze und um die angebrochene Gitarre trauere. (Die soll am Montag geleimt werden, damit ich mit den Kindern singen kann, aber auf Zeitangaben wird hier nicht immer wirklich viel Wert gelegt und ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch noch eine Woche länger dauern könnte ..oder zwei ..oder oder oder;))

Die Arbeit ruft

Allerdings möchte ich erwähnen, dass ich inzwischen richtig gut klar komme und meine Arbeit auch langsam Form annimmt. Dank einer “kurzen“ Réunion vor dem Mittagessen (die dann ebendieses um gute zweieinhalb Stunden nach hinten verschob - und zwar für alle) bekommt mein Alltag hier Struktur. Ich stehe morgens zwischen fünf und sechs Uhr auf, rein in die Waschklamotten und Flipflops und dann gehts in die Schlafzimmer der Kinder. Vier von ihnen können sich nicht alleine waschen oder Zähne putzen und so ist das meine Aufgabe geworden, sie morgens aus den Federn zu holen und mit ins Bad zu nehmen. Dann werden Zähne geputzt und Wassereimer geschleppt, mit denen die Kinder und dann ihre Badeschlappen (was anderes trägt man hier nicht) gewaschen und geputzt werden. Nach dem Anziehen kümmere ich mich dann noch kurz um ein kleines Frühstück für Lea und mich, um die lange Zeit bis 10.00 Uhr zu überbrücken.

Frisch wird dann um acht Uhr wirklich in den Tag gestartet und seitdem die Kinder auf Lea und mich aufgeteilt wurden, lerne ich dann auch effektiver mit meinen drei Schützlingen Fadyl, Ulrich und Lynda schreiben und zählen. Zwischendurch spielen wir Memory, singen und tanzen (jeder nach seinen Möglichkeiten) und so lässt sich manche Motivationslücke überwinden. Nach der Schule sitze ich oft mit Jules, TaVi und anderen draußen und sehe den jüngeren Kindern beim Spielen zu. Abends verbringt man in der traditionellen Küche, der extra Steinhütte mit offenem Feuer, man isst, redet und lacht gemeinsam. Meistens gehen wir schon um halb zehn, zehn ins Bett und wenn ich einmal liege, schlaf ich auch meistens schnell ein.

 

Die Beerdigung

Es war fast schade, dass ich am Freitag dann das Centre für das Wochenende verlassen habe, um bei MaDe einer Beerdigung beizuwohnen, die Kinder hielten mich spaßeshalber fest und ich freu mich schon wieder, dorthin heimzukommen, was sich irgendwie absurd anhört, wenn man weiß, dass ich das gerade Samstagmorgens um halb sieben schreibe.Trotzdem war der gestrige Abend schön. Ich konnte mich endlich mal nützlich machen und einen Salat aus Bohnen, Karotten und Kartoffeln zubereiten, während MaDe andere Beschäftigungen zu erledigen hatte und bis Brice kam, der sich sonst meistens um die Küche kümmert. Nach dem Abendessen ging es um neun Uhr dann noch in die Kirche, in der die ganze Nacht durch ein Gottesdienst stattfinden soll, um bei der Verstorbenen (eine Nachbarin vom MaDe) zu bleiben.

Die Kirche war ein einfaches Haus mit einem einzigen größeren Raum, über dem Dachgebälk konnte man das Wellblech sehen und vorne war ein großes Holzkreuz, mit einer gelben Lichterkette umrahmt, gegen die Wand gelehnt. Als wir hereinkamen, wurde fröhliche Musik gespielt, neben Keyboard und Schlagzeug fand auch der E-Bass seinen Platz genauso wie ein Chor, der sich im Rhythmus zur Musik bewegte. Es wurde gepredigt und viel gesungen und wäre nicht vor uns eine Frau gewesen, die bitterlich geweint hätte und auch anderen hier und da eine Träne über die Wange gelaufen, hätte ich das eher für ein Fest gehalten. Trotzdem war es irgendwie besinnlich und freundlich zugleich. Der Raum wurde durch die Stimme des Predigers mithilfe eines leider schrecklich blechernen Mikrofons ausgefüllt und was an Raumgestaltung im Vergleich zu deutschen Kirchen fehlte, passte hervorragend zur Stimmung und Einfachheit, mit der hier alles bewältigt wird. Auf Plastikstühlen in engen Reihen lauschten wir noch eine Weile und fuhren (oder schlitterten vielmehr - es hatte angefangen zu regnen) eine Stunde später nach Hause zu MaDe und DG.


Heute war dann der zweite Teil und die Bestattung. Vormittags um zehn Uhr begann der Gottesdienst. Ganze drei Stunden saßen wir nochmals in der Kirche von gestern und lauschten den Worten der Prediger, Familienangehörigen und dem Gesang. Musik spielt eine große Rolle und es gab mehrere Chöre, die sich abwechselten. Das Besondere war außerdem, dass die Verwandtschaft der Verstorbenen komplett in Weiß gekleidet war und mit selbstgemachten Rasseln und Trommeln ihren Gesang begleiten. Alle anderen waren im familieneigenen bunten Kleidercode der Hemden unterwegs, nur wenige in Schwarz. Es war ein schönes Spektakel mit vielen Symbolen und auch, wenn ich nicht alles verstanden habe, bin ich dankbar dafür, dass MaDe uns mitgenommen hat. Nach dem Gottesdienst lief man eilig zum Haus der Verstorbenen, dort wurde der Sarg in das Grab heruntergelassen (das findet meistens auf dem Grundstück statt, uns wurde das so begründet, dass am Friedhof kein Platz mehr war). Das war auch einer der wenigen Momente, an denen die Leute nicht vergnügt und glücklich miteinander sprachen und einige sogar richtig weinten, während die Stimmung sonst sehr ausgelassen war.
Anschließend ging es zum Empfang und man durfte sich an allerlei kamerunischen Spezialitäten bedienen, von denen ich leider die Namen weder im Gedächtnis halten kann, noch hätte aufschreiben können. Es war auf jeden Fall lecker und die Tischgespräche lustig und unterhaltsam. Zuhause bei MaDe wurden dann die Leute eingeladen, die am Empfang nichts mehr bekommen haben und bis jetzt eben wuschen Jordan, Lea und ich stundenlang das Geschirr ab. 

(Im Nachhinein ist übrigens herausgekommen, dass über 1000 Leute aus ganz Kamerun die Beerdigung und Bestattung begleitet haben. Und genauso voll und laut und durcheinander kam es mir auch vor.)

Ich hoffe, es geht euch allen gut!